Türkje, Türkje!
Die Fahnen bleiben erst mal eingerollt. Zur Halbzeit ist es fast totenstill auf dem Taksim-Platz. Viele enttäuschte Fans ziehen auf der Istiklal Caddesi, die Einkaufsmeile nach Hause. Noch immer null zu null, die türkische Nationalmannschaft spielt im EM-Viertelfinale lustlos gegen die überlegenen Kroaten. Nach dem ersten Tor der Kroaten glaubt auch in der Bierhalle, in der wir einen Platz finden, kaum mehr einer an den Sieg. Einer sagt: Dabei würden wir so gerne nächsten Mittwoch gegen Euch gewinnen“. Dann fällt in der letzten Minute der Ausgleich. Männer und Frauen stehen auf den Bänken. Sie rufen: „Türkije, Türkije“. Meinem Freund fällt ein, dass das der polyglotte Heribert Fassbender vor Jahren für die Fernsehzuschauer souverän mit „Türkei, Türkei“ übersetzt hat.
Wieder haben die Türken ein Spiel in der letzten Minute gedreht, jetzt trauen ihnen die Fans alles zu. Das Elfmeterschießen verlieren die gebrochenen Kroaten fast widerstandslos. Auf der Istiklal Caddesie herrscht jetzt eine Stimmung wie beim Kölner Karneval. Überall Fahnen mit dem roten Halbmond. Auf dem Taksim-Platz gröhlen die übersteuerten Lautsprecher Fangesänge und die Menge tanzt. Dieser Fußballabend spiegelt die ganze Achterbahnfahrt, den die türkische Volksseele regelmäßig erfährt.