Meine Interpretation des „Prantl-Gate“
Beim Bundesverfassungsgericht geht es manchmal zu wie bei Hofe. Eigentlich spricht das Gericht nur über seine Urteile. Aber man sitzt im überschaubaren Karlsruhe eng zusammen, und wer mehr wissen will über die Richter oder das Binnenverhältnis der Senate, der sollte ein gutes Verhältnis zu den Akteuren oder ihren Mitarbeitern pflegen. Das Gericht ist gute Presse gewohnt, unbotmäßige Berichterstattung wurde in der Vergangenheit schon mal mit einem empörten Anruf der Pressesprecherin quittiert.
Nun hat Heribert Prantl, der Innenressortchef der Süddeutschen Zeitung, im März einen etwas bösen Kommentar zur „Mutwillensgebühr“ geschrieben. Darin führt Prantl das Ansinnen der Verfassungsrichter, Bürger mit offensichtlich unbegründeten Verfassungsklagen künftig mit einer Gebühr zu belegen, darauf zurück, dass heute vor allem Professoren im höchsten Gericht säßen. Die seien es nicht gewohnt, mit den Aktenbergen, die bei jedem Gericht anfallen, fertig zu werden, und sie hätten kein Interesse, sich mit den Nöten der Bürger zu beschäftigen. Statt mit solchem Kleinkram wollten sie lieber die Großlinien der Zeit mitbestimmen, schrieb Prantl. Damit verstümmle sich das Gericht aber selbst.
Das kam, nach allem was man hört, nicht gut an bei Gericht.
Am Tag der mündlichen Verhandlung zum ESM-Rettungsschirm veröffentlichte
die SZ dann auf der Seite 3 dieses längliche Voßkuhle-Porträt, dem man an etlichen Stellen anmerkt, dass es wohl in kurzer Zeit zusammengeklöppelt wurde, und über das jetzt auf Medienseiten diskutiert wird. Bei der Lektüre drängte sich schon damals der Eindruck auf, dass Prantl mit seinem wohlwollenden Porträt vom Dressing quirlenden Verfassungsgerichtspräsidenten sein Verhältnis zum Gericht und seinem Präsidenten wieder aufbessern wollte.
Voßkuhle hat das offenbar wenig beeindruckt. Dass er jetzt über die Pressesprecherin verlauten ließ, Prantl sei nie bei ihm zu Hause zum Kochen gewesen, wäre ja nicht nötig gewesen. Im vergleichbaren Fall der Seehoferschen Modelleisenbahn hatte sich der Betroffene gnädiger gezeigt. Es wirkt, als wollte man da den Gerichtsgroßkritiker wieder auf den Boden zurückholen.
Prantls Text über die Mutwillensgebühr trug damals übrigens die Überschrift “Ein Gericht hebt ab”.
2 Comments
Lieber Hardy,
da bin ich ganz bei Dir. mir ging es nur um einen Aspekt, der über die Fragen unserer Branche hinausreicht.
Hallo!
Der vermutete Hintergrund ist interessant – trotzdem hat Herr Prantl nicht sauber gearbeitet und steht deshalb völig zu recht in der Kritik.
Er hätte deutlich machen müssen, was er selbst erlebt hat und was nur aus zweiter Hand zitiert.
Schöne Grüße
Hardy Prothmann